Mit großem Interesse bin ich auf die Stellenausschreibung im Niederrheinischen Tagesboten aufmerksam geworden und bewerbe mich hiermit auf die zu besetzende Stelle des Fachredakteurs im Bereich Digitale Medien in Ihrem Nachrichten-Ressort Neue Medien.
Halt! Stopp! Formal richtig, trotzdem standardisiertes Einerlei. Wieso hier Personalern eher zum Gähnen als zum Lesen zumute ist, scheint eindeutig: Mit diesem floskelhaften und zigfach gelesenen Texteinstieg wirbt niemand im eigenen Sinne. Zudem bietet dieser Einstieg keinerlei Informationsgehalt: Interesse von Bewerberseite wird sowieso vorausgesetzt und wo die Anzeige publiziert wurde, ist der Personal-Abteilung bekannt.
Das Einzige, wozu die ersten Zeilen aufmuntern: Diese Bewerbung wird bis auf Weiteres in den Ordner "Fachredakteur Digitale Medien" verschoben, falls die organisatorische Sortierung nicht schon über die Betreffzeile gelingt ("Geben Sie bei der Bewerbung den Betreff 2015_01_08_Digitale Medien an.").
Zum Auftakt geht es darum, mit den ersten Sätzen zu punkten. Und ganz zu Beginn die zentrale Frage zu beantworten: Wieso ausgerechnet ich für dieses Unternehmen?
Sie möchten noch stärker auf die sich ändernden Lesegewohnheiten eingehen und Ihr digitales Angebot weiter ausbauen? Gerne helfe ich Ihnen dabei!
Da mich das Unternehmen sofort angesprochen hat und ich der Meinung bin, das Profil zu erfüllen, passe ich gut auf die ausgeschriebene Stelle. Weil der Printjournalismus über Blattgeschäft, Abonnements und Anzeigenverkäufe nicht mehr kostendeckend zu finanzieren ist, sind neue Ansätze umso wichtiger und der Umbruch zu und der Umgang mit digitalen Medien heute für jedes Zeitungshaus unablässig.
Wer wird nicht gerne gelobt? Wem gefällt es nicht, wenn proaktiv Vorschläge eingereicht werden? Im Bewerbungs-Anschreiben geht Bauchpinselei sehr oft nach hinten los. Vorsicht also bei Schmeichelei, Lob und Anerkennung. Das lässt die meisten Personaler kalt. Verschwendete Zeilen!
Auch dünnes Eis: In eine fachliche Diskussion einzugehen und dem Unternehmen den Spiegel vorzuhalten.
Vielmehr geht es nun darum, glaubhaft auszuführen, was zum Einstieg angedeutet wird. Hier wird die eigene Kompetenz erlebbar gemacht.
Erzählen Sie also aus Projekten, von Erfolgen, von Dingen, die Sie etabliert haben. Tragen Sie dabei nicht zu dick auf, denken Sie an Verschwiegenheits-Vereinbarungen, die Sie ggf. unterzeichnet haben. Details gehören hier nicht herein – und schon gar keine Umsatzergebnisse, die mit einer Einführung oder der Umstellung des Management-Prozesses erwirtschaftet wurden. Geben Sie besser eine Aussicht, wie sich Unternehmen x konkret ändert oder von Ihnen profitiert:
Bisher habe ich drei Paid-Content-Modelle erfolgreich eingeführt. Bereits nach 3 Monaten wurde das ausgegebene Ziel erreicht und deutlich übertroffen. Auch in Ihrem Unternehmen unterstütze ich gerne diesen Prozess. Sie sichern sich wertvolles Wissen, sparen Zeit und kommen nicht in Versuchung, zu lange an ungeeignete Konzepte zu glauben.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich bei mir melden würden. Bei Fragen stehe ich Ihnen zur Verfügung und sollten Sie weitere Unterlagen benötigen, sende ich diese per Post oder E-Mail nach.
Jetzt geht's um den Abschluss: Was also soll der Personaler machen? Wie verbleiben wir? Wenn dem Anschreiben in den letzten Sätzen die Luft ausgeht, ist es ebenso schlimm, wenn der Einstieg daneben geht. Denn die Art und Weise, wie der Leser aus dem Brief aussteigt, entscheidet über die Reaktion. Also: Werden Sie verbindlich! Sagen Sie, was Sie erwarten. Zeigen Sie Ihrem lesenden Gegenüber, was Sache ist.
Ich freue mich auf unser Kennenlernen / auf das erste Gespräch / Gerne komme ich vorbei: Wann passt es Ihnen?
Die zentrale Botschaft wird nicht am Satzende versteckt, sondern steht zu Beginn. Prägnant und präzise, ohne Umschweife. Und vermeiden Sie logische Stolpersteine: Bewerbungen werden aus Interesse auf Stelle, Unternehmen oder Karrierechancen ausgelöst. Nur selten aus Verzweiflung. Und geschieht es aus der Not heraus: Auch dann muss der Auftakt zum Selbst- und Eigenmarketing ein anderer sein.
Ein Muss: Name des Ansprechpartners. Steht in der Stellenbeschreibung. Oder lässt sich in einem schnellen und freundlichen Telefonat herausfinden. Herrn Müller wird es gefallen, wenn an ihn in der Anrede gedacht wird und er nicht massentauglich mit "Sehr geehrte Damen und Herren" angeschrieben wird. Zweiter Trick: Nicht nur über den Namen ansprechen, sondern auch über Personalpronomen. "Sie", "Ihr", "Ihnen", "Ihre" wirken freundlicher und direkter als das Indefinitpronomen "man".
... wie sie auch in anderen Bewerbungen stehen: Pünktlich, sauber, nett und freundlich sind Eigenschaften und ein Muss, aber keine Vorteile. Innovativ, ausdrucksstark, informiert oder effizient sind austauschbar und beliebig übertragbar, zudem bildleer und mausegrau.