So ist es üblich: Ein Mailing richtet sich im Adressfeld und der Anrede an Herrn oder Frau Müller. Was aber, wenn zwar das Unternehmen bekannt ist, aber nicht der Ansprechpartner / die Ansprechpartnerin? Klarer Reflex: Dann richtet sich der Brief (oder die E-Mail) nicht mehr an einen Herrn oder an eine Frau, sondern spricht mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ an. Formal richtig, gleichzeitig aber unpersönlich und weit weg von der persönlichen bzw. personalisierten Ansprache.
Wie lösen? Leider ist das (nicht mehr) ganz so einfach. „Früher“ wurde hier einfach das sogenannte generische Maskulinum gesetzt. Heißt konkret: Begriffen wurde unterstellt, dass in ihnen automatisch die feminine Form aufgeht bzw. Männlein wie Weiblein gemeint sind. Wer also an die „lieben Kollegen“ schrieb, meinte damit nicht nur die männlichen, sondern auch die weiblichen. Wie aber ist die Anrede, die beiden Geschlechtern gerecht wird?
Eine Möglichkeit kommt immer dann ins Spiel, wenn Ansprechpartner namentlich nicht bekannt sind und der Name nicht herauszufinden ist: Man versucht, den angeschriebenen Personenkreis möglichst unter einen Hut zu bringen: „Liebe Gourmets“. Das gelingt nur dann, wenn sich die Gruppe geschlechtsneutral fassen lässt. Denn unter den Gartenfreunden gibt es auch Gartenfreundinnen und unter den Fußballfreunden immer mehr Fußballfreundinnen. Besser und neutral: „Liebe Fußballfans“. Konkret heißt das: Wer mit sogenannten Schein-Personalisierungen arbeitet oder arbeiten möchte, muss sich der Sprachbedeutung und den neuen Sprachgewohnheiten unterwerfen. Und überlegen: Schließt der gewählte Begriff das andere Geschlecht aus und übergeht er es? Wer an die „Autofahrer“ schreibt und sich diesen männlichen Nomens bedient, lässt die weibliche Form völlig außer Acht.
Hier gilt: Möglichst geschlechtsneutrale Bezeichnungen ausfindig zu machen, wenn es sie gibt und sie üblich sind. Was, wenn aber kein Neutrum aufgetrieben werden kann, weil unsere Sprache kein passendes vorsieht?
1. Üblich und die schnellste Lösung: Die Beid-Nennung zum Beispiel mit „Liebe Lehrerinnen und Lehrer“. Vorteil: Wendet sich an Personen beiderlei Geschlechts und orientiert sich an den Begrifflichkeiten der modernen Berufswelt.
2. Schrägstrich: Möglich, um Sprache bzw. die Anrede gendergerecht zu gestalten. Dann heißt es: „Liebe Mitarbeiter/-innen“.
3. Die Umschreibung per Endung „-de“: Das Verb wird mit der Endung „-de“ zu einem Substantiv: „Autofahrende“, „Studierende“, „Lehrende“. Möglich, wirkt aber passiv, wenn auch oft die einzig mögliche und denkbare Lösung, wenn eine Gruppe gendergerecht personalisiert werden soll.
1. Klammer(n): Während es im Fließtext ohne Mühe gelingt („unsere Abonnenten(innen) profitieren vom 30-Tage-Gratis-Test“), benötigt die Anrede eine zweite Klammer: „Sehr geehrte(r) Abonnent(innen). Was plötzlich geschieht: Der Lesefluss stockt, weil der Abonnent zum richtigen Verständnis die erste Klammer braucht, nicht aber die zweite. Und die Abonnentin muss zu Beginn nichts ausklammern, während sie die letzte Klammer braucht. Sprich: Die schnelle Auflösung ist hiermit nicht unbedingt gegeben.
2. Das Versalien-I oder Binnen-I (MitarbeiterInnen) sieht man heute immer seltener. Guter Grund: Wurde vom Duden nie als korrekte Form akzeptiert. Mittlerweile auch nicht mehr üblich.
3. Die neutrale Umschreibung à la „An alle am Verkehr teilnehmende …“ anstatt Verkehrsteilnehmer. Das ist Genderisierung auf die Spitze getrieben und treibt uns zu Stilblüten an, die weder dem Textausdruck noch der Verständlichkeit dienen. Außerdem: Der Informationsgehalt wird dadurch nicht gesteigert, aber der Ausdruck verkompliziert. Das mag einer geschlechterneutralen Sprache gerecht werden, ist aber für die schnelle Information ungeeignet.
Bei mehrseitigen und nicht behördlichen Publikationen (oder wenn Corporate Behavior bzw. Corporate Text nichts vorsehen) greifen viele Unternehmen der Einfachheit halber auf das generische Maskulinum zurück. Das ist in Ordnung. Vorausgesetzt, wenn einleitend die Begriffsklärung ausdrücklich dargestellt und erklärt wird, dass die Berufsbezeichnung „Grafiker“ selbstverständlich Personen beiderlei Geschlechts meint.
Die Personalisierung muss nicht immer den Namen beinhalten. Personalisierung meint auch, Inhalte an das Kunden-Interesse anzupassen oder weitere Käufe vorauszuahnen. Online-Shops bieten dann Buch-Vorschläge zum Lieblings-Genre, weitere Accessoires für den gerade erst erworbenen Holzkohlegrill oder das seit Langem bekannte „Käufer dieses Artikels interessierten sich auch noch für …“. Das ist Personalisierung, die ohne Namen gut funktioniert.