Es ist bekannt, dass die richtigen Wörter im Kopf des Lesers die gewünschten Bilder auslösen. Doch was tun, wenn immer das selbe Bild oder Wort in der Wiederholungsschleife hängt und solange getrieben wird, bis es total übersättigt ist? Synonyme schaffen Abhilfe. Denn sie sind bedeutungsgleiche bzw. sinnverwandte Wörter. Und es gibt sie in Massen. Beispiel gefällig? Für das Wort "Haus" findet das Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig 27 Synonyme – von Chalet bis Unterkunft. Für "gehen" sogar deutlich mehr: 54.
Es liegt an Sprachgefühl und -kompetenz des Texters, das passende Synonym in den Text zu bringen: eines, das zu Zielgruppe, Textkonzept und -kontext, Unternehmen, Marke und Markenbild passt. Eine Wohnungsbau-Gesellschaft wird "Haus" nicht mit "Baracke" im Text ersetzen – treffender ist hier das Eigenheim, die Villa, das Wohnhaus oder das Mietshaus. Wenn sich zwei Freunde über eine günstige, aber heruntergekommene Wohnung unterhalten, wird der eine nur für eine Übertreibung den Begriff "Villa" wählen – wahrscheinlich kommentiert er seine Unterkunft salopp als günstige "Baracke". Wichtig ist, wie Sie es sagen möchten. Und in welchem Kontext Sie sich bewegen.
"Schlafen", "pennen", "schlummern", "ausruhen", "in Morpheus Armen liegen": Merken Sie etwas? Jeder Ausdruck weckt andere Assoziationen. Mal erhält die Sprache einen frischen und jugendlichen Anstrich, mal einen philosophisch-intellektuellen. Was würden Sie welcher Zielgruppe schreiben? Und vor allem: welches Produkt mit welcher Wortwahl bewerben? Im leichten Trekking-Schlafsack für überall kann eine junge Zielgruppe bestimmt prima pennen – auf einer Taschenfederkern-Matratze ist die Zielgruppe wie auf Wolken gebettet oder schlummert sanft.
Deshalb ist es auf der Jagd nach Synonymen wichtig, nicht unbedingt den erstbesten Einfall oder Vorschlag in den Text einzufügen, sondern zu prüfen: Passt es – oder nicht?
Die Frage nach Variationen kommt immer wieder auf: "Können wir unsere Kunden nicht mit unterschiedlicher Ansprache anreden – und den Abschied variieren?" Klares Ja, das geht. Wenn's dadurch nicht zu "bunt" wird, der Empfänger erst beispielsweise "Sehr geehrter Herr Müller" liest, danach ein "Lieber Herr Müller" folgt und daraufhin ein dialektal gefärbtes und gut gemeintes "Servus" auf dem Brief hängt. Wo ist da die klare Linie? Wo und wie drückt dieses Unternehmen Verlässlichkeit aus? Dem Kunden winkt hier ein kunterbuntes Durcheinander und der Leser ist der Meinung, dass hier einfach alles einmal ausprobiert wird. Die Folge bei den meisten: Irritation.
Schade! Denn automatisch konditioniert der Einstieg den Leser auf den Rest des Briefes. Wenn Herr Müller mit "lieber" angesprochen wird, erwartet dieser möglicherweise auch einen "lieben" Brief. Keinesfalls ein Schreiben von hohen Nachforderungen. Mit "Sehr geehrter" oder "Sehr geehrte" steigen wir förmlich und sachlich in den Brief ein und können bei dieser Anrede eigentlich auch nichts falsch machen. Dadurch sind weder Neu- noch Bestandskunden irritiert. Komisch wird’s, wenn dialektale Färbungen über Sprachgrenzen hinaus verschickt werden. Synonyme kann man auch für Begrüßungs- und Abschiedsfloskeln verwenden. Es muss nicht immer das selbe sein – wenn nicht zu oft variiert wird.
Aber Achtung: Bitte nicht verbiegen! Präsentieren Sie ein seriöses Unternehmen mittels Jugendsprache, erscheint dieses unter Umständen unglaubwürdig und nicht authentisch. Jugendsprache bewegt sich ausschließlich in bestimmten gesellschaftlichen Kontexten, wie beispielsweise im Freundeskreis. Das weiß auch der Jugendliche. Von einer Bank oder Gesundheitskasse erwartet auch er eine seriöse Anrede.
Beobachten Sie mal einen Sommelier bei einer Weinverkostung – oder lesen Sie eine Weinkritik in einem Fachmagazin. Plötzlich wimmelt es hier von Begriffen, die wir in unserer Alltagssprache gar nicht, selten oder anders benutzen: Trocken hat nichts mit dem Klima zu tun und Bouquet macht wörtlich übersetzt auf den ersten Blick wenig Sinn. Bei Weinkennern treffen Sie damit auf helles Interesse: denn dieser Fachjargon bezeichnet Art, Geschmack und Charakteristik eines Weines – und ohne diese Fachsprache würde all das sehr umständlich und irgendwie auch komisch klingen. Oder bei Parfum – dort heißt es dann plötzlich Kopf-, Basis- oder Herznote. Soll heißen: Bewegen wir uns in einer Fachwelt, müssen wir hier auch die geläufigen Begriffe und Wortwendungen verwenden, um ein exaktes Bild von Wein oder Parfum zu zeichnen. Und hier müssen Sie die Zielgruppe vor Augen haben und wissen, was gebräuchliche Begriffe sind, die ohne Umschweife verstanden werden.
Sammeln Sie möglichst viele sinnverwandte Wörter. Je größer Ihr Repertoire, desto wahrscheinlicher finden Sie das treffende Wort für Ihre Zielgruppe. Und hier können Sie den Thesaurus Ihrer Textverarbeitung "füttern" und anlernen. Denn gewöhnlich ist das vorhandene und vorgeschlagene Vokabular nicht groß genug – oder nicht passgenau. Auch möglich: Sie legen sich eine kleine Textdatenbank mit Schlüsselbegriffen an, die Sie bei Bedarf erweitern. Um nicht umständlich hin- und herzublättern, eignet sich als Gedankenstütze ein Mind-Map. Thematisch sortiert finden sich hier die vielen Lieblingswörter Ihrer Zielgruppe, Synonyme oder Fachbegriffe wieder.