Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit? Mit ständigen Wiederholungen haben wir versucht uns den Lernstoff ins Gedächtnis zu trichtern – und dort wenigstens bis zur nächsten Abfrage auch zu behalten. Es funktionierte – mal gut, mal weniger gut. Heutige Lernmethoden und -modelle versuchen, über aktivierende Reize Wissen und Eindrücke (schnell) zu übermitteln. Ein Grund, wieso Werbung bunt, laut, nackt oder überraschend ist. (Starke) Emotionen beflügeln und schaffen (positive) Assoziationen.
Achten Sie einmal auf Radio oder Fernseher – ganz bewusst, wenn Werbung läuft: Schnell fällt auf, dass Botschaften wiederholt werden. Oft nach diesem Schema: Mehrsekündiger Spot – Pause und anderer Spot – gleicher Spot zum Thema als Wiederholung, Erinnerung an zuvor Gesehenes oder Gehörtes, ggf. Kaufimpuls samt Aktivierung. Das Ziel: Dass sich durch Wiederholungen Kernaussagen ins Gehirn einbrennen – und das zuvor Gesendete eine Aufwertung bzw. Auffrischung erfährt und an Bedeutung gewinnt.
Nun beschränken sich Wiederholungen nicht nur auf TV und Radio. Auch im Print sind sie allgegenwärtig. Sie stehen dort nicht wegen einer Nachlässigkeit des Texters, sondern ganz bewusst:
„Kaufen, kaufen, kaufen! Weil das Angebot nur noch diese Woche gültig ist!“
Die Wiederholung als Aufforderung erhält hier eine ganz besondere Dramatik und Tonalität: Sie wird bewusst im Dreiklang gesteigert und mündet (oft, aber nicht immer) in einer kurzen und prägnanten nachstehenden Erklärung. Beispielsweise wieso ausgerechnet in dieser Woche der Kauf von Produkt XY so interessant ist. Zugebenen: Das wird nicht bei jedem Produkt und jeder Dienstleistung bzw. Zielgruppe funktionieren. Diese Art ist typisch für den Abverkauf großer Mengen oder sogenannter Rabattschlachten. Wir erleben es (so und in abgewandelter Form) im Ausverkauf der aktuellen Modekollektion. Das typische Symbol das den Text begleitet oder ersetzt: Groß gedruckte Prozentangaben.
Texters natürlicher Reflex bei ausgemachten Wiederholungen: streichen – ersetzen – umschreiben. Dieses „Verhaltensmuster“ haben wir uns alle antrainiert und ein geschultes Auge dafür. Das ist auch gut so: Denn ist der Text plötzlich mit Wiederholungen gespickt, kommt schnell der Verdacht auf, der Texter selbst hat zu wenig Aufmerksamkeit in seinen Text gesteckt. Wenn sich Wiederholungen nicht als Stilmittel unterbringen lassen, ja der Text mit diesem Element „fremdelt“, müssen sie raus. Schöner Ersatz: Synonyme!
Die Textaussage bleibt. Gleichzeitig bringen sie aber eine andere Stimmung bzw. Tonalität in den Text und machen Aussagen präziser: Die Wand ist dann eine Mauer, wer sich freut, kann auch jubeln. Unverzichtbares Werkzeug dazu: Ein Synonym-Wörterbuch. Oder eine Datenbank, mit der sich schnell andere Begriffe finden lassen. Zum Beispiel diese hier: www.wortschatz.uni-leipzig.de. Oder die Kollegen, die dann zum Kreativpool werden.
Stichwort Relevanz: Sollen Suchmaschinen zu den Suchanfragen relevante Treffer liefern, muss der angebotene Inhalt entsprechend aufbereitet sein. Heißt konkret: Die Suchmaschine muss wissen, dass der Suchende hier fündig wird und ihm das Passende (an)geboten wird. Genau deshalb reichern Verantwortliche ihre Seiten mit Schlüsselbegriffen an. Und wiederholen. Immer wieder. Aber hier gibt es eine Grenze des guten Geschmacks. Wer es mit der Wiederholung zu gut meint, wird Suchmaschine und Leser verlieren. Denn beide erkennen, dass hier etwas nicht stimmt. Für die Suchmaschine schrillen die Alarmglocken, wenn pro Seite zu oft dasselbe Keyword verwendet wird. In unnatürlicher Häufigkeit. Und wird das entsprechend abstrafen bzw. diese Seite künftig nicht mehr in den Trefferlisten berücksichtigen. Der Leser weiß: Das ist kein gewöhnlicher Lesetext mehr – sondern rein für die Suchmaschine eine bloße Aneinanderreihung des immer gleichen Wortes. Er wird nicht lesen, weil ein Lesefluss beinahe unmöglich ist:
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Beispielhaft „optimiertes“ Keyword: Textertipp, das hier eine Keyword-Dichte von ca. 17 % hat (laut dem kostenlosen Analyse-Tool www.live-keyword-analysis.com). Zur Orientierung: Ca. 3 % sind nach heutigem Standard „optimal“. Und gleichzeitig spielt die Keyword-Dichte nicht mehr die herausragende Rolle wie einst. Denn die Algorithmen der Suchmaschinen wurden erstens an die Suchgewohnheiten der User angepasst, entwickeln sich zweitens immer weiter, sind drittens streng behütet und bestehen viertens auch aus vielen unterschiedlichen Facetten.
Wiederholungen, die sich unbewusst in den Text schleichen, identifizieren wir meist erst nach dem Schreibprozess. Wenn ausführlich korrigiert wird. Tipp deshalb: Geben Sie Texte an den Kollegen weiter und lassen Sie ausführlich prüfen. Gönnen Sie sich selbst etwas Abstand zum Text. Lesen Sie nicht, unmittelbar nachdem Sie Stift oder Tastatur beiseite geschoben haben. Markieren Sie alle Wiederholungen. Und entscheiden Sie dann, ob sie ersetzt, umschrieben oder gestrichen werden.
Für alle, die direkt am Bildschirm redigieren: Fallen Wiederholungen auf, können Sie (noch) mehr per Suchfunktion ausfindig machen. Markieren Sie das Wort per Doppelklick und suchen Sie per Tastaturkürzel „Strg“ + „f“ (Rechner mit Betriebssystem Windows) nach mehr gleichen Wörtern.